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Datum: 29.11.2022

Antwort des Oberbürgermeisters und der Stadtratsfraktionen auf den gemeinsamen Appell der Teilnehmer der Weißenfelser Montagsdemo

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

zunächst möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich nicht schon früher dazu gekommen bin, Ihnen auf Ihr Schreiben zu antworten. Mir war es aber ein Anliegen, Ihre Forderungen ausführlich mit den Weißenfelser Stadträten zu besprechen und von allen Fraktionen Stellungnahmen dazu einzuholen.

Fakt ist: Wir befinden uns in schwierigen Zeiten. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, die Inflation und die Zunahme der sozialen Ungleichheit — all das versetzt uns als Gesellschaft in Alarmstellung. Ihre Zukunftsängste nehmen wir sehr ernst. Ich möchte Sie gleichwohl darum bitten, nicht das Vertrauen in mich als Oberbürgermeister, in unsere kommunalen politischen Vertreterinnen und Vertreter und in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu verlieren. Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten in Weißenfels für Stabilität und Sicherheit sorgen.

Mit diesem Versprechen möchte ich Sie aber nicht abspeisen, sondern ganz konkret auf Ihre Forderungen eingehen und dabei auch die Positionen der Stadtratsfraktionen mitteilen. Eine Einflussnahme auf die Preisbildung der Stadtwerke Weißenfels seitens der Stadt Weißenfels ist rechtlich leider nur in einem sehr kleinen Rahmen möglich. Die Stadtratsfraktionen baten mehrheitlich darum, dass ich Sie bezüglich des Vorgangs der Gewinnausschüttung bei den Weißenfelser Stadtwerken informiere. Das möchte ich gerne tun.

Es ist richtig, dass die Stadt Weißenfels als Gesellschafter der Stadtwerke zur Finanzierung des Sport- und Eigenbetriebs in den vergangenen Jahren Gewinnauszahlungen erhalten hat. Es ist jedoch nicht so, dass Gewinne automatisch ausgeschüttet werden. Es besteht zum Beispiel auch die Möglichkeit, dass diese im Unternehmen verbleiben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein Verzicht der Gesellschafter auf die Ausschüttung der Gewinne nicht automatisch bedeutet, dass das Geld bei den Kundinnen und Kunden landet. Auch wären bei 20.000 Stromkunden und 5.000 Gaskunden die Auswirkungen auf die Preisbildung in der Praxis gering.

Die Preisentwicklungen der Stadtwerke und die daraus resultierenden Auswirkungen auch auf den städtischen Haushalt werden regelmäßig in den Gremiensitzungen erörtert. Die Energiekrise hat allerdings deutliche Auswirkungen auf die gesamte Bundesrepublik und auch auf Länder darüber hinaus, nicht nur auf Weißenfels. Derartige Marktverwerfungen lassen sich nicht mit lokalen Entscheidungen eindämmen. Vielmehr sind hier die politischen Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene gefragt, Maßnahmen zur Gegensteuerung der aufgrund geopolitischer Entwicklungen entstandener Verwerfungen zu ergreifen. Dies erfolgte im Laufe des Jahres bereits im Ansatz durch verschiedene Entlastungspakete und wird nun deutlich spürbarer; beispielsweise mit dem Soforthilfegesetz sowie den geplanten Preisbremsen für Strom und Gas im Jahr 2023.

Auch Ihre zweite Frage zielt auf die Arbeitsweise der Stadtwerke Weißenfels ab. Die Stadt Weißenfels hat keinen Einfluss auf die Arbeitsprozesse der Stadtwerke Weißenfels und somit auch nicht auf die Berechnung der Abschlagszahlungen. Ich als Oberbürgermeister stehe jedoch in engem Austausch mit der Geschäftsführung der Stadtwerke Weißenfels. Ich kann Ihnen deshalb mitteilen, dass eine monatliche Erfassung der Zählerstände und eine damit einhergehende monatliche Kalkulation der Abschlagszahlungen bei 20.000 Stromkundinnen und -kunden durch die Stadtwerke Weißenfels personell schlichtweg nicht geleistet werden kann und zu enorm weiteren Kosten führen würde. Die Erhebung von Abschlägen auf Basis des Verbrauches im vorherigen Abrechnungszeitraum ist ein gesetzlich verankerter Mechanismus, sowohl für Strom als auch für Gas. Darüber hinaus wäre die monatliche Erfassung von Zählerständen weder praktisch umsetzbar, noch würde es aktuell die formulierte Absicht einer Entlastung treffen. Vielmehr würde es dazu führen, dass — aufgrund der jahreszeitenbedingt niedrigeren Verbräuche in den Monaten April bis September und deutlich höheren Verbräuchen in den Monaten Oktober bis März - gerade in den aktuellen Monaten sehr hohe Abschläge entstehen würden.

Gerne möchte ich — wie vom Großteil der Stadtratsfraktionen gefordert — auf anstehende Großinvestitionen der Stadt Weißenfels und auf unseren Umgang mit diesen Projekten in Krisenzeiten eingehen. Wie von Ihnen gewünscht, wird seitens des Fachbereichs Technische Dienste und Stadtentwicklung regelmäßig geprüft, ob die Umsetzung von Maßnahmen tatsächlich notwendig ist oder ob einzelne Vorhaben aufgrund der starken Preissteigerungen in der Baubranche verschoben werden können. Dieser Vorgang ist Tagesgeschäft in der Stadtverwaltung und unterliegt strengen Abwägungsszenarien. Da wir uns inmitten der verwaltungsseitigen und politischen Diskussion befinden, werde ich jedoch an dieser Stelle noch nicht konkrete Aussagen treffen können, da die Mitglieder des Stadtrates und der Ortschaften vorher mitzunehmen sind. Einige Maßnahmen wie der Stopp des Baus der sogenannten Rampen an der B91 oder die Lärmschutzwand in der Schlachthofstraße konnten Sie bereits der Presse entnehmen. Das vorrangige Ziel wird jedoch sein, die Kitas und die Grundschulen zu sanieren oder etwaig neuzubauen. Dafür benötigen wir dringend Fördermittel von Bund und Land. Die kommende Zeit wird innerhalb der Verwaltung dafür genutzt, um konzeptionell d.h. planerisch Projekte vorzubereiten.

Schlussendlich möchte ich noch zu Ihren Forderungen bezüglich der Öffnung von Nord Stream 2 und zum Ende der Russlandsanktionen Stellung beziehen. Die Fraktion „DIE LINKE“ unterstützt diese Forderungen. Auch die Fraktion „Weißenfelser für Heimat und Familie“ lehnt „Sanktionen, die dem deutschen Volk mehr schaden als dem sanktionierten Land“ ab. Wie die Fraktion „Wir Weißenfelser/ Bürger für Weißenfels/ Landgemeinden“ aber richtig anmerkt, wurde eine solche Resolution bereits unter den Fraktionen diskutiert und damals mehrheitlich abgelehnt. In meiner Funktion als Oberbürgermeister habe ich Ihnen bereits bei unserem Gespräch am Müllerkaufhaus gesagt, dass die Mittel und Möglichkeiten eines Stadtoberhaupts im kommunalen Bereich begrenzt sind. Mit symbolpolitischen oder gar populistischen Aussagen würde ich meinem Amt nicht gerecht werden —ich würde ihm schaden. Obschon ich mich parteipolitisch offen positioniere, heißt es noch lange nicht, dass ich mit allem d’accord bin. Ich sehe meine Aufgabe vor allem darin, Not zu verhindern, Schaden von der Stadt abzuwenden und vorbereitet in die kommende Zeit zu gehen. Dazu gehört es auch, die Stadträte und Ortschaftsräte mitzunehmen.

Als Oberbürgerbürgermeister stehe ich Ihnen für ein Gespräch zur Verfügung. Lassen Sie uns zeitnah einen Termin vereinbaren, in dem wir kritisch auf die aktuelle Lage und die insgesamten gesellschaftlichen Entwicklungen schauen.

Martin Papke
Oberbürgermeister der Stadt Weißenfels

Maik Reichel
Faktionsvorsitzender SPD

Hans Klitzschmüller
Faktionsvorsitzender „DIE LINKE“

Franz Patzschke
Faktionsvorsitzender WW/BfW/Landgemeinden

Manfred Rauner
Faktionsvorsitzender CDU/BfG/FDP

Jörg Freiwald
Stadtratsvorsitzender