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Datum: 01.11.2022

Weißenfels soll Projektstadt für moderne Lehmhäuser werden

Die Stadt Weißenfels ist dem Bündnis „Wir! GoLehm“ beigetreten. Die Mitglieder des Hauptausschusses haben am 17. Oktober 2022 dafür gestimmt, dass die Saalestadt eine entsprechende Absichtserklärung unterschreiben soll.

„GoLehm“ ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Projekt, das sich mit dem Baustoff Lehm im Allgemeinen und mit dem Massivlehmbau im Speziellen beschäftigt. Gestartet wurde die Initiative vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und vom Berliner Architekten- und Ingenieurbüro ZRS. Mittlerweile gehören die Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt, verschiedene Vereine wie beispielsweise der Dachverband Lehm e.V. sowie mehrere Unternehmen, Baugewerke, kommunale Vertretungen und Bürger zu dem Bündnis. Derzeit geht es um die wissenschaftliche Erfassung von Lehm als Baustoff der Zukunft. So untersuchen Forscherinnen und Forscher der TU Braunschweig und der HTWK Leipzig derzeit, wie das Bauen mit Lehm – zum Beispiel durch ein 3D-Druckverfahren – marktfähig gemacht werden kann.

Für den Weißenfelser Oberbürgermeister Martin Papke eine sehr interessante Idee: „Weißenfels soll Projektstadt für die anstehende Ausführungsphase werden“, sagt das Stadtoberhaupt. „Wir haben einen großen Bestand alter Häuser. Mich reizt der Gedanke, dass wir für deren Erhalt nun wieder das natürliche Material einsetzen, mit dem sie einst gebaut wurden.“ Doch nicht nur Bestandsbauten hat Martin Papke im Blick. Mit Lehmhäusern ließen sich auch Baulücken im Innenstadtbereich wie beispielsweise in der Hohen Straße schließen. Auch eine Lehmsiedlung mit Einfamilienhäusern in der Stadt wäre für ihn vorstellbar. „Auf diese Weise könnten wir ein bestimmtes Wohnklientel ansprechen, das in den Oberzentren wie Leipzig und Halle derartige individuelle Wohnformen nicht vorfindet“, sagt der Oberbürgermeister.

Die Voraussetzungen für Lehmbau in Weißenfels sind gut. In der Region gibt es in den freigelegten Tagebauten reichlich Lehmvorkommen. „Wenn wir es mittelfristig schaffen, mit Investoren aus der Region diesen Lehm aufzubereiten, um ihn in Weißenfels zu verbauen, haben wir ein Strukturwandelprojekt, dass auf keiner Liste steht, nicht gefördert wird, aber einen Mehrwert für die Region schafft“, sagt Martin Papke. Die Grundsatzerklärung der Stadt Weißenfels enthält noch keine Verpflichtung, weder finanzieller noch Ressourcen betreffender Natur. Sie ist aber die Voraussetzung für gemeinsame Projekte. Die Vorbereitungen dafür sind bereits in vollem Gange. So stellt die Abteilung Stadtplanung der Stadt Weißenfels derzeit eine Liste mit möglichen Bauflächen, Baulücken und Siedlungsgebieten zusammen. In einem zweiten Schritt soll gemeinsam mit „GoLehm“ die Förderung für eine Machbarkeitsstudie beantragt werden. Mithilfe des Studienergebnisses soll letztendlich eine geeignete Fläche für die Ausführungsphase ausgewählt werden.


Hintergrund „Wir! GoLehm“:
In Sachsen-Anhalt, aber auch Thüringen und Sachsen, prägen unzählige massive Lehmhäuser den ländlichen Raum. Es handelt sich hierbei um einen der größten derartigen Baubestände in Mitteleuropa. Ziel der Initiative „Wir! GoLehm“ ist es, das Potential dieser mitteldeutschen Lehmbautradition zu entwickeln. Lehm soll als klimaneutraler und wiederverwendbarer Baustoff im Sinne der Kreislaufwirtschaft reaktiviert und etabliert werden. Damit soll ressourcenschonendes, klimaneutrales Bauen in den gesellschaftlichen Fokus gerückt werden. Ein weiterer positiver Effekt des Projekts ist die Stärkung des regionalen Bausektors. Das Programm gibt einen Anstoß für einen nachhaltigen innovationsbasierten Strukturwandel in den strukturschwachen Regionen Deutschlands.