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Datum: 10.03.2022

Ahnenforschung und Weißenfelser Industriegeschichte liegen im Trend

Das Weißenfelser Stadtarchiv hatte im Jahr 2022 insgesamt etwa 370 schriftliche Anfragen; eine Steigerung um gut 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Während bei den schriftlichen Anfragen eine Zunahme zu verzeichnen war, lag der Anteil der Vor-Ort-Recherchen mit 128 Terminen pandemiebedingt auf einem niedrigen Niveau. Von Dezember 2020 bis März 2021 hatte das Archiv aufgrund hoher Corona-Zahlen komplett geschlossen. Danach war nur ein eingeschränkter Betrieb mit 3G-Regel, Terminvergabe und kleiner Besucherzahl möglich.

Der Großteil der schriftlichen Anfragen – nämlich 270 Schreiben – bezog sich auf die Ahnenforschung und die Erbenermittlung. Ein Trend, den die drei Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs schon seit einigen Jahren beobachten. „Das Personenstandsregister haben wir quasi gar nicht mehr aus der Hand gelegt“, sagt Archivleiterin Silke Künzel. Auch mithilfe der Einwohnermeldekartei und alten Innungsakten können die Mitarbeiterinnen Informationen zu möglichen Familienmitgliedern einholen. „Die Anfragen werden immer breiter. Haben wir früher nur zu den Großeltern recherchiert, sind mittlerweile auch deren Geschwister oder noch weiter zurückliegende Vorfahren von Interesse“, sagt Silke Künzel. Nicht selten steckt mehr als reine Neugierde dahinter. So erhofft sich manch einer adlige Verwandtschaftszweige und liebäugelt mit einem „von“ im Namen. „Leider sind wir bei derartigen Anfragen bisher noch nie fündig geworden“, sagt Silke Künzel. Und noch eine neue Entwicklung gibt es bei der Ahnenforschung: Es gibt immer mehr Interessenten, die authentische Orte ihrer Vorfahren besuchen möchten und dementsprechend im Stadtarchiv anfragen, ob bestimmte Häuser und Bauten noch existieren.

Ein immer wiederkehrendes Thema für die Archiv-Mitarbeiterinnen war im Jahr 2021 auch die Weißenfelser Industriegeschichte. So gab es beispielsweise zum ehemaligen Filmpalast Gloria gleich mehrere Anfragen von Studentinnen und Studenten der unterschiedlichsten Fachrichtungen. Spannende Anfragen erhielt das Archiv-Team im Jahr 2021 zudem aus dem Ausland. Unter anderem aus Italien, Israel, Holland und Frankreich gingen Schreiben ein. Bei letzterem konnte Silke Künzel Informationen zu einem französischen Zwangsarbeiter aus den 1940er Jahren zuarbeiten. Über die Steuerakten für Zwangsarbeiter ermittelte sie unter anderem den Wohnort, das berufliche Einsatzgebiet und den Familienstand.

Für große Freude im Arbeitsalltag sorgten auch im Jahr 2021 wieder die Schenkungen. So erhielt das Weißenfelser Stadtarchiv gleich mehrere Fotoalben der Familie Langrock, die in den 1930er Jahren die Schleuse an der Herrenmühle betrieb. Das Beste: Dem Album liegen zahlreiche tagebuchähnliche Einträge bei, welche die Geschichte hinter den Bildern erzählen. „Daraus geht hervor, dass die Familie an der Schleuse auch eine Schankwirtschaft betrieben hat. Das war uns so gar nicht mehr bekannt“, erzählt Silke Künzel. Spannend sind für die Archivmitarbeiterinnen zudem alte Postkarten von Weißenfels und seinen Ortschaften. Auch alte Bücher über die Saalestadt, Fotos oder Faltblätter, die beim Aufräumen des Dachbodens oder beim Durchstöbern der Schränke entdeckt werden, können Bürgerinnen und Bürger gerne in der Großen Burgstraße 22 abgegeben.

Sowohl die Fotos der Familie Langrock als auch die Postkarten werden digitalisiert. Dafür hat das Weißenfelser Stadtarchiv Anfang Februar 2022 einen neuen Scanner erhalten. Dieser besteht aus zwei Monitoren, einem Touchscreen und einem Fußschalter, der schnelles Arbeiten ermöglicht. Etwa 17.000 Euro hat das Gerät gekostet. Mit dem Scanner ist es ab sofort möglich, nicht nur Papier, sondern auch Siegel, Münzen und Glasplatten zu scannen. Die gewonnenen Dateien haben dann einen plastischen Effekt und zeigen selbst kleinste Details.