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Hier schreibt der Oberbürgermeister

SEHR GEEHRTE BÜRGERINNEN UND BÜRGER,

„So schwamm ich alter Hecht im trüben Gewässer des Aktuellen, umgaukelt von westlichen und östlichen Ködern, ohne jedoch anzubeißen.“ (Aus einem Brief an Hans Conrad Bodmer vom 2. Juli 1951) Bodmer war Freund und Mäzen von Hermann Hesse und schrieb in einem Brief an ihn ebendiese Zeilen. Ein kluger Satz, der mich in meinem Urlaub sehr stark beschäftigt hat und seitdem immer wieder über die aktuelle Situation der Politik nachdenken lässt.
Wir befinden uns in einer Zeit, die scheinbar unplanbar und unsicher daherkommt. Jeden Tag werden wir über Nachrichten, Zeitungen, Handyticker und weiteren Informationskanälen mit Inhalten konfrontiert, die wir weder überblicken noch einschätzen können. Geopolitische Auseinandersetzungen und jedwedes Schlechte auf dieser Welt wird genutzt, um es uns mitzuteilen. Sicher ist, dass wir als Gesellschaft damit überfordert sind und damit ein Gefühl der eigenen Ohnmacht einhergeht. All das gründet meiner Ansicht nach auch auf dem falschen Maß an allem und führt zur Überfrachtung des Menschen; leider bereits in jungen Jahren. Wir lassen uns davon einfangen, welche Nachrichten uns gereicht werden und wo wir besonders ansprechbar sind. Mein Eindruck ist, dass die größte Gefahr darin liegt, sich einander in den schier einfachsten Fragen des Zusammenlebens auseinanderdividieren zu lassen. Das einfache Gespräch, das Zuhören und Austauschen verkümmert. Kommunikation findet überwiegend mit der Infrastruktur des Handys statt und führt mehr und mehr zu anonymisiertem Verhalten im Internet. Ohne das Argument oder den Inhalt zu kennen, werden ad hoc Situationen bewertet. Und das unter dem Deckmantel der sogenannten Meinungsfreiheit. Ich darf an dieser Stelle kritisch auf die zeitgeistlichen Fragen unserer Gegenwart schauen. Die zunehmende Anonymisierung betrifft auch unser Konsumverhalten. Um diese Themen werden wir uns hier vor Ort kümmern müssen. Ich sehe darin einen Auftrag für unsere Stadtverwaltung, in verschiedenen Bereichen dagegen zusteuern. Die Leichtigkeit des Lebens ist zu einem Sehnsuchtsort verkommen. Wir werden unsere Arbeit darauf konzentrieren, dass hier vor Ort dafür die Rahmenbedingungen gut gesetzt sein werden.

An dieser Stelle möchte ich resümieren – ein Jahr im Amt. Es war genau richtig, sich um das Amt zu bewerben. Vorab gilt der Dank an alle 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, dem Team im Bereich Oberbürgermeister, den Fachbereichsleiterinnen und Fachbereichsleitern, Amtsleiterinnen und Amtsleitern, den Mitgliedern des Stadtrats, den Ortschafträten und Ortsbürgermeistern und natürlich meiner Familie. Viel ist in diesem einen Jahr geschehen.
Das Allerwichtigste zuerst: Unser zweites Kind wurde im April geboren. Neben dem Oberbürgermeistersein ist die Familie das Schönste, was es für mich geben kann.
Nun zu meiner Arbeit im Amt:
Entscheidung:
• Umbau Filmpalast Gloria in der Neustadt zum hochwertigen Indoorspielplatz mit Gastronomie,
• Neubau/Denkmalsanierung der Neuen Bibliothek in der Innenstadt
• Enge Zusammenarbeit mit dem Stadtrat und Ortschaftsräten,
• Sicherheitsvereinbarung zwischen Stadt und Polizei – Erhöhung der Personalstunden vor Ort, Gründung des Sicherheitsrates und des kriminalpräventiven Beirats,
• Aufstockung des Ordnungsamtes auf zwölf Mitarbeiter im Außendienst,
Neu:
Amt für Sozialraumentwicklung und Beauftragte für Dörfer und Ehrenamt,
Auf den Weg gebracht:
• Umzug der Landesbehörde ALFF Halle (Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung) nach Weißenfels im Jahr 2024, Planung für die Schlosssanierung Südflügel abgeschlossen. Ende des Jahrzehnts wollen wir im Schloss Neu-Augustusburg für ca. 170 Arbeitsplätze einen erstklassigen Standort für eine Landesbehörde hergerichtet haben,
• Erhalt des Kaufhauses „Müller“ durch intensive Zusammenarbeit mit der Landtagsabgeordneten E. Simon-Kuch und Erwin Müller in Ulm,
• Anbahnungsgespräche für eine Städtepartnerschaft mit der französischen Gemeinde Binic-Étables-sur-Mer (Bretagne),
• Potentialstudie für den zukünftigen Museumsstandort (Stadtgeschichte, Barock, Schuhindustrie) u.a. Prüfung INTEX am Bahnhof in Weißenfels,
• Neue Spielplätze in Weißenfels (u. a. Hirsemannplatz, Ausweitung Neustadtpark, Stadtbalkon, Studie Kämmereihölzchen, Kriechau ff.),
• Radverkehrskonzeption für das gesamte Stadtgebiet inkl. Ortschaften,
• Wohnungsbau/Sanierung des Altbestands: polymerfreies Bauen/Sanieren unter besonderer Ausrichtung durch den Baustoff Lehm,
• Vorbereitung Pionierquartier Gründerzeit studentisches Wohnen,
• Identitätsstiftendes WIR: Singen des Weißenfels-Lieds zum Stadtfest, Salongespräche mit der Stadtgesellschaft im Rathaus, Feste und Feiern auf den Dörfern,
• Weiterentwicklung von über 300 Hektar des Industrie- und Gewerbegebiets an der A9 sowie Perspektiven bereits versiegelter Konversionsflächen – Schaffung von Arbeitsplätzen im Zuge des Strukturwandels,
• Unzählige Gespräche beispielsweise in Amtszimmer, auf der Straße und beim Einkaufen
• Ausbau der Kontakte zu Mitgliedern des Landtags und Bundestags,
• App für Beschwerden und Ideen umgesetzt „Du bist dein Ort“,
• Privatwirtschaftliche Investitionen städtebaulicher Projekte in Vorbereitung
• Strategische Straßensanierung Güterbahnhof (in Umsetzung), Weinbergstraße (2024), Katharinenstraße,
• Mitarbeiterführung (Führungskräfteschulungen) und Personalentwicklungsplan in der Stadtverwaltung (in Überarbeitung),
• Projektkommune kommunale Wärmeplanung,
• Klärungsprozess und Perspektive Schwimmbad Weißenfels,
In Erarbeitung:
• Aktivierungskonzept für die Innenstadt mit dem Hauptziel gastronomischer Vielfalt auf dem Weißenfelser Markt und vieles mehr.
Sie konnten es aus der Presse entnehmen: Besonders freue ich mich, dass die Mitglieder des WVW-Aufsichtsrats meiner Idee und Vision gefolgt sind, dass ehemalige Kinderland zu erwerben. Das Ziel der kommenden Jahre wird es sein, dass die WVW beide stadtbildprägenden Immobilien für die Nutzung durch hochwertige Gastronomie sowie als Büro- und Geschäftsräume saniert und herrichtet. Unser Markt muss positiver Magnet in der Region werden, weshalb wir in den kommenden Jahren alles daransetzen werden, dass dies gelingt.
Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die für die einzelnen Projekte und Vorhaben zuständig sind. Nun geht es in das zweite von sieben Amtsjahren meiner ersten Legislaturperiode. Erst die Geschichte wird zeigen, wie wir auf dem Weg zum neuen WIR vorangekommen sind.

Herzliche Grüße


Martin Papke
Oberbürgermeister der Stadt Weißenfels