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Datum: 22.08.2025

Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache

Etwa 100 Personen waren am frühen Nachmittag des 22. Augusts 2025 an die Rote Bank auf dem Weißenfelser Marktplatz gekommen, um der Frau aus Weißenfels zu gedenken, die Opfer eines mutmaßlichen Femizids wurde. Zu der öffentlichen Veranstaltung hatten das Frauenhaus Weißenfels und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Weißenfels eingeladen.

In Weißenfels wurde eine 47-jährige Frau am 9. August 2025 Opfer eines mutmaßlichen Femizids. Nach ersten Ermittlungen soll ihr Partner sie mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet haben. Die Frau erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass sie im Krankenhaus am 15. August 2025 verstarb. „Wir sind heute hier, um einer Frau die Würde zurückzugeben, die ihr auf grausame Weise genommen wurde. Ich kenne ihren Namen nicht. Viele von uns kennen ihn nicht. Und doch war sie eine von uns. Sie hat in Weißenfels gelebt, gelacht, gearbeitet, geträumt. Sie war Teil unserer Gemeinschaft – als Nachbarin, Kollegin, Freundin, als Mutter oder Tochter. Ihr Leben war kein anonymes Fallbeispiel. Es war ein einzigartiges Leben, das hier, in unserer Stadt, ausgelöscht wurde“, sagte Gleichstellungsbeauftragte Katja Henze.

„Die eigene Wohnung sollte eigentlich ein sicherer Ort sein, wo man sich ausruht, wo man lebt und liebt“, sagte die Leiterin des Weißenfelser Frauenhauses Birgit Peterz und machte anschließend deutlich, dass viele Menschen in Deutschland einen solchen Ort der Sicherheit leider nicht haben. So wurden laut dem neuesten Lagebericht der Polizei im Jahr 2024 in Deutschland mehr als 257.000 Fälle von häuslicher Gewalt registriert. Dies bedeutet, dass durchschnittlich alle zwei Minuten ein Mensch Opfer von Gewalt durch einen Partner, Ex-Partner oder Familienmitglied wird. Frauen sind dabei die Hauptbetroffenen und machen mehr als 70 Prozent der Opfer aus. Ein besonders erschreckendes Phänomen im Kontext häuslicher Gewalt ist der Femizid. Der Begriff „Femizid“ bezeichnet die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Dies geschieht häufig im Rahmen von Partnerschaftsgewalt. In Fällen dieser Art ist die Beziehungsdynamik häufig geprägt von Machtmissbrauch, Kontrolle und Misogynie – insbesondere dann, wenn Frauen versuchen, sich aus gefährlichen Situationen zu befreien. Aus dem Lagebericht des Bundesinnenministeriums zu geschlechtsspezifischer Gewalt geht hervor, dass im Jahr 2023 insgesamt 360 Femizide von der Polizei registriert wurden. Demnach gab es fast jeden Tag einen Femizid in Deutschland. Weitere 578 Frauen überlebten in dem Jahr einen versuchten Femizid.

„Wir sollten anfangen, diese Taten beim Namen zu nennen. Es handelt sich nicht um eine Familientragödie oder ein Eifersuchtsdrama und im aktuellen Fall auch nicht um ein Brandopfer, das an seinen Verletzungen gestorben ist“, sagte Birgit Peterz. Die Weißenfelserin sei nicht aufgrund äußerer, tragischer Umstände gestorben. „Sie starb, weil der Lebenspartner sie mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und sie angezündet hat. Er hat den Tod der Frau billigend in Kauf genommen. Nichts rechtfertigt diese Tat“, sagte die Leiterin des Frauenhauses.  

Im Gedenken an die getötete Weißenfelserin wurden im Anschluss an die Reden eine Schweigeminute abgehalten und Rosen an der Roten Bank niedergelegt. Die Bank ist – entsprechend der weltweiten Initiative „La Panchina Rossa“ – ein Symbol gegen Gewalt an Mädchen und Frauen. Katja Henze rief die Anwesenden zum Schluss dazu auf, sich von den erschreckend hohen Fallzahlen von Gewalttaten nicht in Hilfslosigkeit und Ohnmachtsgefühle treiben zu lassen. „Wir brauchen Verbundenheit und Menschlichkeit, Mitgefühl statt Gleichgültigkeit, Nähe statt Abgrenzung“, sagte sie. Ein Grundgedanke, den die Weißenfelser Sängerin Ramona Wolter in ihrem Lied „Für die Liebe“ aufgriff und damit einen emotionalen Abschluss der Veranstaltung setzte.